Archiv der Kategorie ‘Nur in meinem Kopf‘

Tag 88 [ Update – Sistersday ]

Mittwoch, den 15. April 2009

Ich habe wohl nur folgende Optionen: Liegen bleiben und so schnell noch ein Zimmer frei machen, weil ich dann auch liegen bleibe – oder mit Rolli und Risiko und bedĂ€chtig kleine Strecken zu Fuß machen innerhalb des Hospiz und mobiler werden.

Update

Heute also Tag der Geschwister. Meine ist da, schiebt mich ins Penny und wir kaufen fĂŒrs Mittagessen ein. Vorher krieg ich noch eine Art liebevollen Anpfiff vom Doc Langenbeck, den aber Pe besser wiedergibt, ja? Wie auch das mit den MuskelkrĂ€mpfen?

Das Wetter ist grandios, wir beide gut gelaunt und kaufen fĂŒr das Draussen-Essen Mettenden, Kartoffelsalat mit Lachs, Eiersalat, GeflĂŒgelsalat und Baguette. Dann wird gegessen, ich matsche kaum rum, wir haben Spaß. Herrje, die Kleine (Pe) kann erzĂ€hlen … ich liebe das, wenn sie so in sich ruht und einfach entspannt quasselt; liest du das, Pe?

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Zeit.los

Freitag, den 10. April 2009

UPDATE

Will ich wirklich wissen, wie lange ich schon hier bin? Ja.

05.04 – Ich denke, es ist Tag

77

06.04 – Tag

78

Tag

79

07.04 – Tag

80

08.04 – Tag

81

Janine & Anne – ihr hĂ€ttet mich ruhig wecken können. Aber stattdessen finde ich diesen lieben Zettel. Danke! 🙂 Ihr wart prima, angenehm und ich wĂŒnsche euch beiden, dass eure Patienten in den kommenden langen Jahren, das zu schĂ€tzen wissen, was sie an euch haben. Wenn nicht: kurze Nachricht Richtung Erdboden und ich mach denen einen Besuch.

Im Ernst: Ihr seid prima und ihr werdet noch besser werden, keine Frage, ĂŒberhaupt kein Zweifel.
Macht’s gut!

Das Austauschhandy von Ruthy kommt an, darin Luis, ein HandywÀchter (wenn ich ne andere Cam
hab, kriegt ihr den zu sehen. Beim Wechseln der SIM verliere ich all Nummern und SMS, wird die Tage mal behoben …

Dann, abends, ist Frau Frings da, wir quatschen, haben Spaß in der Raucherlounge. Fortsetzung folgt. Kurze Zeit spĂ€ter laaaanger Talk mit Heinz-Willi und Frau T., wĂ€hrend Rica zuhört. Letzter Akt. Laaange telefonieren mit Mirabelle, dann, kurz vorm Einschlafen: Irgendwas stimmt nicht in mir, mit mir … aber ich bin grad echt zu mĂŒde, um Angst zu haben … außerdem:

09.04 – Tag

82


10.04 – Tag

83

Still cruising.

Er.geb.Nis.drauf

Mittwoch, den 8. April 2009

Es gibt heut FĂ€den ziehen und das Ergebnis der Analyse dieses Beutels, der mir entfernt wurde: Eine Tochter!

Also: Tochtergeschwulst vom Bronchialkarzinom. Bedeutet: Ich hab Krebs. Nix Neues. Also. Es ist weg, vollstÀndig entfernt und damit ist das erst mal gut, keine Nachdenkressourcen verschwenden. Niemand, klar? Klar.

ZĂ€hn.Er.Pack

Dienstag, den 7. April 2009

Mal wieder ein paar Kurzinfos aus dem Todestrakt.

1. Wieso liest man so wenig von dir und deinem Leben in letzter Zeit?

Nachdem ich zwei Mal (schmerzhaft) hinfiel und vom zweiten Mal inkl. der nachfolgenden, leichteren Depression noch einige Blessuren zu verarbeiten hatte/habe, mein Verstand und andere Dinge lĂ€nger nicht auf einen gemeinsamen Weg verzichteten und ich im Rollstuhl saß/sitze, meine Koordination zum Teufel ging … könnt ihr euch vorstellen, wie schwierig da das Schreiben eines solchen Textes sein kann?

Ist es jedenfalls. Außerdem war ich stĂ€ndig mĂŒde.

2. Wie geht’s dir aktuell?

Jetzt, 11:05 Uhr am 7. April? Prima. Bisschen mĂŒde, aber prima. Pe kommt nachher, die Mittagssonne zeigt sich, ich hab gefrĂŒhstĂŒckt und freu mich wie blöde auf heute Abend.

3. Neues aus Puka-Puka?

Ja. SpÀter.

4. PlÀne?

Ja. Ich geh heut Abend ins Bett und stehe morgen frĂŒh wieder auf. Dazwischen esse, uriniere ich, und versuche, bei beidem nicht zu Tode zu stĂŒrzen.

5. Wieso bist du eigentlich noch da?
a) Ich meide Skipisten und Kölner Innenstadtviertel.

Keine Ahnung, ehrlich.

6. Wie war das mit Uli, Pe und dir letztens?

Ein Familienstress. Sorry, dass das so öffentlich war. Uli und ich haben gestern festgestellt, dass wir schon öfter seit 2004 so aneinandergerasselt sind. Falscher Zeitpunkt fĂŒr uns beide, und jetzt ist das beigelegt und vergessen.

7. Schreibst du jetzt wieder öfter selbst?

Ich versuch’s. Wirklich. Danke, dass ihr trotzdem geblieben seid, obwohl das Finale noch nicht absehbar ist! Gut, „die ich-wĂ€r-so-gern-Grafikerin aus Wien“ wird langsam ungeduldig, aber wen juckt das, he? Ob und wann Luna-Mae-Bilder oder andere Sachen wiederkommen, entscheide ich spontan, ne?

8. Steht medizinisch was an?

Nur FĂ€den ziehen am Bein. DemnĂ€chst. Denke ich. Oder die lassen die dran fĂŒr den Haken, mit dem ich in der Verwertung lande.

9. Brauchst du was?

Gute Frage. Das mit dem Handy ist ja in die Wege geleitet. Wegen der Cam wird grad recherchiert.SĂŒĂŸes? Nein, nicht wirklich. Alkohol? Nö. Hab ich noch genĂŒgend. Gute Gedanken, ein Brief oder ne Mail, Nachsicht mit mir altem Metastasi und – okay, das ist was anderes: Zigaretten sind immer so eine Sache, Manchmal Mangelware … Und oft ist das hier so langweilig, dass ich zu viel rauche … DarĂŒber (in Maßen, also nicht stangenweise, bitte) wĂŒrde ich mich auch freuen können.

Nur: Alles, was ich nicht in der von innen undurchsichtigen Kiste mitnehmen muss, ist nur rausgeschmissenes Geld, Freunde.

10. Apropos: Geld. Da war doch was?
FĂŒr solche Dinge fragt bitte freundlich (der ist schon genug gestraft mit mir) bei Onkel Uli nach. Ihr wißt, was ich meine.

Danke 🙂 Bis bald!

Good Mood

Montag, den 6. April 2009

RĂŒck.Fall

Freitag, den 27. MĂ€rz 2009

Heute morgen hab ich mich noch ganz gut gefĂŒhlt, bis ich mich neben einen Stuhl setzte und rĂŒcklings ins Mobiliar fiel . Nix passiert, tat nur weh.

Seitdem hab ich mich dann wieder ins Bett geflĂ€zt, geheult und „bald tot “ gespielt. Bis der Doktor kam und mir etwas klar gemacht hat. Ich lebe, und aller Vorraussicht nach noch lĂ€nger (ohne GewĂ€hr) Gevatter Tod hat er jedenfalls noch nicht an meiner TĂŒr gesehen.

† DIE REALITÄT

Sonntag, den 22. MĂ€rz 2009

Vier FĂŒnf GĂ€ste sind hier in dieser Woche verstorben, still, von mir unbemerkt fast – wenn nicht fĂŒnf Mal SĂ€rge an mir vorbeigerollt wĂ€ren. Man kann zwei Typen unterscheiden: die Hochwertigen mit BeschlĂ€gen, und die aus schlichter Fichte/Kiefer/Tanne, die wohl ihr Ende in einem Krematorium finden werden. Bei den hochwertigeren SĂ€rgen ist Eiche Rustikal das von mir meist bemerkte Modell.

Die SĂ€rge, auch wenn sie nur einen halben Meter an mir vorbeirollen, machen mir nichts aus – das sind schlicht Transporte fĂŒr mich. Und sowieso: ich habe ja gar keinen Kontakt zu den anderen GĂ€sten. Wenn man das mal so sieht, dĂ€mpft das auf realistisch Weise meine vor einigen Tagen beginnende Euphorie in Bezug auf die vielleicht doch lĂ€ngere Lebenszeit. Der erwartete Tod dieser Menschen bedeutet: Nichts ist annĂ€hernd sicher fĂŒr mich, nichts kann eine noch so gut gemeinte Prognose (Monate, vielleicht Jahre) bestĂ€tigen. Auch nicht entkrĂ€ften. Was ich meine, ist: Ich fange den Tag (Carpe Diem), und ich warte nicht mehr bis „morgen“. Macht jemand mit?