The last farewell

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Viele waren gekommen, ich habe sie nicht gezählt. Im denke es werden um die 70 Leute gewesen sein, die sich am Freitag um 11.00 Uhr in der Friedhofskapelle von Willich einfanden. Neben denen, die sich bis zuletzt um Alf gekümmert und gesorgt haben, auch einige aus seiner „Vergangenheit“. Ehemalige Schützenbrüder, Klassenkameraden, Ex-Freundinnen…, viele Gesichter kannte ich nicht und selbst Pe wußte so manches Antlitz nicht einzuordnen. Ich hab mich besonders über die Anteilnahme unseres ehemaligen Chefredakteurs Markus Fliege und seiner Frau Birgit gefreut. Beide sind, wie ich, „Gründungsmitglieder“ der Willicher Nachrichten. Nur ist davon halt nicht mehr viel übrig geblieben, aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls haben Markus und Birgit, Alf das „Schreiben“ beigebracht und da war Alf immer stolz drauf gewesen.
Seinem Wunsch entsprechend, haben wir die Zeremonie bescheiden gehalten. Blumen gehören in die Erde und nicht in die Vase, da waren und sind Alf und ich einer Meinung. Gut, den obligatorischen Kapellenschmuck (meist aus Plaste) haben wir so stehen lassen. Einzig schmückendes Beiwerk zur Urne waren 4 Portraitsbilder von Alf. Zwei Lieder hatte er sich zu seiner Abreise gewünscht. „Open your eyes“ von Snowpatrol und, wie soll es auch anders sein, „Feel“ von Robbie Williams. Mit dem erstgenannten haben wir dann auch angefangen. Danach durfte jeder die Möglichkeit nutzen und ein paar persönliche Worte sagen.
Einige hatten mich „vorgewarnt“, andere haben ganz spontan ihre Gefühle mit Worten ausgedrückt. Einfach schön. Ich gebe jetzt hier mal die Worte, die gesagt wurden und die zur Verfügung gestellt wurden, wieder.
Das Rolf den Anfang macht und musste, liegt an meiner bestimmenden Art, sorry Rolf. 😉

„Liebe Freunde und vor allem – liebe Pe.

Ich kannte Alf ja erst seit ca. 3 Jahren – begonnen hat diese intensive, einzigartige Freundschaft , wie heutzutage üblich, im Internet. Er war damals ja sehr intensiv bei der braunen Bildkommunity tätig und baute dort was Besonderes auf: Ein Internetradio, speziell für diese Kommunity. Ich war fasziniert von seiner lockeren Art – er sprach, wie ihm der Schnabel gewachsen war – frech, schonungslos und mit einem seltenem intelligentem Wortwitz. Da er noch Mitstreiter suchte, habe ich mich bei ihm gemeldet und ihm einen Probebeitrag zukommen lassen – den er gnadenlos abschmetterte – zu Recht, denn er war wirklich grottenschlecht. Aber er machte mir Mut und ich setzte mich hin – und siehe da – ich wurde schnell Mitglied in diesem elitärem Club der Radioten.

Dafür, lieber Alf, vielen Dank – denn du hast mir Mut gemacht, mal was Neues anzufangen.

Als Du dann wusstest, daß deine letzte Heimat Haus Franz sein würdest, wusste ich nicht, wie ich Dir begegnen sollte. Frag Uli, was ich für ein Schiss vor dem ersten Besuch hatte. Wie soll ich mich verhalten? Was soll ich sagen? Ich war heilfroh, das Uli mitkam. Als wir dann in den Flur kamen und dich beim Abendessen störten, hast du uns begrüsst – locker und natürlich wie immer – als ob es das normalste der Welt sei, das Du Gast in diesem Hause warst. Ich war so erleichtert und habe dann beschlossen, noch mal alleine zu kommen – was ich dann auch tat.

Wer mich kennt, weiss, daß ich alles andere als eloquent bin. Gespräche, die nicht das Thema Internet oder Fotografie haben, sind mit mir selten zu führen. Wir beide aber haben uns über eine Stunde sehr intensiv über das Leben – und speziell über das Sterben unterhalten. Dieses Gespräch war so persönlich, war so intensiv, war so einmalig, das es mir wohl mein leben Lang in Erinnerung bleibt .

Dafür, lieber Alf, vielen Dank – denn du hast mir gezeigt, dass der Tod zum Leben gehört.

Das schönste Geschenk, was Du mir aber gemacht hast, ist eine kleine Bildunterschrift, die Du unter den vielen Bildern vom letzten großen Zusammensein – vom Limettencrocket im April, unter einem Bild, das Uli von mir gemacht hat, geschrieben hast. Dort steht:

„OpaRolf, Hobby-Wissenschaftler, Freund, kluger, sympathischer, gern gesehener Mensch“

Dafür, lieber Alf, vielen Dank – denn jemanden als Freund zu bezeichnen, ist was Seltenes – und dich als Freund gehabt zu haben – nein dich als Freund zu haben – ist was besonderes.

Ich weiss, wir werden uns wiedersehen – wo immer auch das sein mag.“

Bis dahin – mach’s Gut mein Freund.

Soweit Rolfs Worte. Danach sprach Anke, auch sie hat uns den Text zur Verfügung gestellt.

„Als ich auf dem Weg zu Deiner Abschiedsfeier war und 90 Minuten im Zug aus Hamburg feststeckte, musste ich sehr an dich denken. Wenn es um das Einhalten von Terminen ging, waren wir beide wie Feuer und Wasser. Abgabezeiten, Verabredungen – ich war immer viel zu früh und Du – so wie es grad kam.

Und ausgerechnet an diesem letzten Tag sah es so aus, als würde ich es vielleicht nicht rechtzeitig schaffen.

Neulich fiel habe ich einen ersten vorsichtigen Blick in die Briefordner gewagt und da fiel mir ein Brief von Dir in die Hände, der war nicht nur einmal zusammengeheftet, sondern hatte auch mitten im Brief Heftnadeln, dann noch quer auf der Seite ein Stück Pappe festgetackert und dann schaute ich an das Ende des Briefes, da stand P.S. Ich habe einen neuen Tacker.
Und mir fiel wieder ein, dass Du alles festgetackert hast, was nicht niet- und nagelfest war, wenn es möglich gewesen wäre, hättest Du auch Tapeten festgetackert.

Von diesen kleinen Verrücktheiten könnte man endlos weiter erzählen.

In Diskussionen war es schwer gegen Deine Argumente anzukommen, wenn ich es anders sah. So konnte es am Ende eines Gesprächs passieren, dass ich Dir zustimmte, dass im Himmel Jahrmarkt ist, auch wenn ich nichts sehen konnte – immerhin hätte es ja sein können, dass ich blind war.

Du konntest Fähigkeiten und Begabungen in den Menschen finden, von denen sie selbst nicht wussten, dass sie sie haben und Du hast uns immer wieder herausgefordert, uns manchmal auch dazu gebracht eigene Grenzen zu überschreiten. Du konntest uns mit Deiner Begeisterung für neue Ideen immer wieder anstecken und mitreißen.

Die Zeit, in der Du Dich einem zugewendet hast, fühlte sich jeder als etwas ganz Besonderes.

Du konntest die Menschen zum Leuchten bringen und das mussten wir dann auch oft – für Dich leuchten, als Du selbst das Licht verloren hattest.

Wir bleiben nun zurück. Wie oft hast Du das mit uns geübt, dieses Warten auf Dich und das Suchen nach Dir. So oft warst Du plötzlich einfach verschwunden, um dann irgendwann genauso plötzlich wieder aufzutauchen.

Jetzt hast Du Deine letzte Reise angetreten und hast uns Zeit gegeben uns darauf vorzubereiten – und ich war es trotzdem nicht.

Du bleibst in meinem Herzen, meiner Musik und in ungezählten Erinnerungen, aus schönen, beeindruckenden, aber auch schwierigen Zeiten.“

Auch Nico hat uns ihre Worte zur Verfügung gestellt.

„Lieber Alf,

ich danke dir für alles, was du in mir angeregt und in Bewegung gebracht hast.

Mal waren wir uns nah – dann wieder nicht. Aber immer irgendwie füreinander da.

Manchmal wusste ich nicht so genau, was ich für dich tun könnte oder ob das, was mir in den Sinn kam, so richtig ist. Manchmal habe ich mich über deine zweideutigen Worte hinweggesetzt und einfach getan. Schön zu sehen, dass es genau richtig war.

„Danke für die Erfüllung eines Traumes“, schriebst du mir als Widmung in dieses Exemplar deines Buches („Das Ende der Zeit“). Ja, du hättest gerne auf eine Buch deinen Namen stehen gehabt, sagtest du mir mal beiläufig. Ohne dein Wissen und zusammen mit der Marion aus Bremerhaven machte ich aus deiner pdf-Version eine Druckvorlage und ließ eine kleine Auflage herstellen. Anfang 2008 war das. Voller Stolz trugst du ein Exemplar ständig mit dir. Gern geschehen.

Auch zögerte ich nicht lange, dir einene Urlaub in meiner Wohnung in Hannover zu spendieren, währen dich ein paar 1000 Kilometer entfernt in der Sonne lag. Für mich waren es selbstverständliche Kleinigkeiten … für dich bedeuteten sie die Welt – und niemals hättest du mich darum gebeten.

Leider habe ich es nicht geschafft, dich in den letzten Monaten zu besuchen. Es hat nicht sein sollen. Im Hintergrund war ich stets … und durch AureliaH doch irgendwie da. (Und was haben Birgit und ich uns in Linz Gedanken gemacht, ob es richtig ist und wir sie wirklich zu dir schicken, die Seekuh.) (Anmerkung der Redaktion: Aureliah)

Vielen lieben Dnak, für alles was wir hatten. Ob nah, ob fern. Geheimnisvoll und zweideutig. Dabei immer aufrichtig und anregend.

Alles will ich … dein Leitsatz.

Auf deiner letzten Reise wünsche ich dir alles Gute. Und vielleicht magst Du ja deine Namensvetter besuchen und mit ihnen etwas Fachsimpeln:

Da wäre ein Maler und Lackierer, ein Frauenarzt, ein Seelsorger bzw.Pastoralreferent im Erzbistum Köln, Versicherungsmakler, Zauberer, Produktionsentwickler, Fotolaborant udn Wollhändler (mit 1891 gegründetet Niederlassung in Sydney, Australien).

Zu dir, Weltenbummler, Journalist, Texter, Fotograf, Maler, Lebenskünstler, werde ich weiterhin aufschauen.“

Stellvertretend für Miriam war ihre Mutter anwesend. Sie sprach in freier Rede und ist Tags drauf auch in Urlaub gefahren, so das ich den genauen Wortlaut nicht habe, leider. Ich persönlich fand ihre Worte sehr schön. Sie bezog sich eingangs darauf, wie sie Alf kennengelernt hat und ihn ja auch leider nur kurz kennenlernen durfte. Da sie auch eine E-Mail mit Worten von Miriam zitierte, geb ich die hier wieder. Sie wurde mir gestern von Miri, nach ihrer Rückkehr, zur Verfügung gestellt.

„Hallo Mama,

ich moechte soviel sagen und weiss nicht wie, irgendwie bin ich auch noch nicht da im wahrsten Sinne, alles noch nicht real. Habe das Gefuehl, kein Text kann beschreiben was wir hatten.

Wir hatten leider nicht viel Zeit, aber wir hatten eine besondere Zeit, besonders intensiv, besonders gelebt.
Bei ihm konnt ich wunderbar schwach sein. Bei ihm war ich unglaublich stark. Er hat mich verzaubert mit seinen Worten, ob gesprochen oder geschrieben. Er ist das Lied, der Text machte mich gluecklich bis ueber die Fuellhoehe des Verstandes hinaus und alles so Echt und so verdammt richtig. Er hat mich ausgefuellt,… erfuellt. Ich halte dich in mir… ewig Geliebter, nie vergessen! Ich mach bald weiter Vermisster… you know?!“

Soweit die Worte die ich erhalten habe. Gabi sprach noch ein paar Worte und Moni musste spontan noch etwas loswerden. Bei ihr und Ronald hat Alf seine letzten Stunden außerhalb vom Hospiz verbracht und darauf hatte er sich gefreut. Das könnt ihr an seinem letzten Beitrag sehen. Pe hat sich dann doch noch ein Herz gefasst und uns kurz einen Einblick in ihr Gefühlsleben gewährt, ohne viel sagen zu müssen. Ich hatte danach die Aufgabe, ein paar Schlußworte zu finden. Die mir aber wirklich nicht einfielen, außer ein paar Worten des Dankes an all die, die erschienen waren. Meine persönlichen Worte waren eigentlich nur zwei Sätze, die für mich alles beinhalten, was ich mit Alf erleben durfte. Der dritte ist für Pe.

„Mit jedem Menschen verschwindet ein Geheimnis aus der Welt.

Wie lange ich lebe, liegt nicht in meiner Macht; das ich aber solange ich lebe, wirklich lebe, das hängt von mir ab.

Jeder Tod hinterläßt eine Wunde und jedes Mal wenn ein Kind vor Freude lacht, vernarbt sie.“

Mit „Feel“ und einem Abschiedsgruß vor der Urne haben wir dann die Kapelle verlassen.

(Fortsetzung folgt…) [/hidepost]

7 Reaktionen zu “The last farewell”

  1. phager

    so super, dass du dir die mühe machst, uli!
    vielen dank!
    :^)

  2. uli

    @phager: Kein Thema, das ist keine Mühe. Mir fehlt nur ein wenig die Erfahrung im Umgang mit Wördpress. Die schränkt meinen Enthusiasmus etwas ein.

  3. TheLastZolex

    Ich danke euch, dass ich dabei sein durfte… auch wenn ich nicht den Mut hatte etwas zu sagen.

    Sicherlich hätte ich auch keinen Ton herausbekommen. Es war ein bewegender Abschied für mich.

    Ich hätte ihm noch so gerne so viele kleine Sticheleien in seinen Blog geschrieben, weil er diese Bälle immer so schön zurückgespielt hat. Das geht nun nicht mehr.

    Aber es war wundervoll zu sehen wie viele Freunde er hat.

    Farewell my friend.

    LZ

  4. Annazwo

    Ich glaube bei „Feel“ hätte ich dann endgültig die Fassung verloren…

    Danke, dass Du die Texte hier herein gestellt hast!

    Anna

  5. pixeltraeume

    Danke Uli… auch wenn es wieder Tränen bringt…

  6. Uta

    Kann mich pixel da nur anschließen… Danke.

  7. Moni

    @ Uli: „Freunde sind die Familie die man sich aussuchen kann!“ Ein sehr kluger Spruch – und somit gehörst Du auf jeden Fall zu Alf’s Familie. Danke!!